![]() Es ist ein Tag wie jeder andere. Wobei an diesem Ort eigentlich kein Tag dem anderen gleicht. Steffi* ist auf der Suche nach einem freien Schlafplatz in einem Zelt. Im Schlepptau hat sie eine junge Frau. Mit einer Decke, einem Schlafsack und einer Isomatte eingedeckt, führt sie diese durch das Camp. Steffi hat Glück und kann die junge Frau in einem 12 Personen Zelt unterbringen. Es ist eng, doch die anderen Frauen in dem Zelt rücken zusammen. Die Studentin führt die Frau durch den Ort, den sie „Moria“ nennen. Im Moment ist das Wasser abgestellt, denn sonst reicht es nicht für alle. Zeit hat Steffi nicht viel, denn die anderen Geflüchteten, die gestern Nacht das Camp erreicht haben, warten schon auf die Zuteilung eines Schlafplatzes. Das gehört zu den Hauptaufgaben der jungen Studentin aus Deutschland, die freiwillig über eine Hilfsorganisation in Moria auf Lesbos mitarbeitet. Während Politiker*innen und Influencer*innen die Bevölkerung weltweit dazu aufrufen, in Zeiten der Corona Pandemie zuhause zu bleiben, verstummen die Berichterstattungen über die Menschen, die nicht zuhause bleiben können. Denn sie haben kein Zuhause mehr. Tief greifen noch immer die Bilder von Menschen, die es lieber riskieren zu ertrinken, als in ihrer Heimat auf den nächsten Bombenangriff zu warten. Voller Hoffnung auf Leben und eine Perspektive stranden diese Menschen in Flüchtlingslagern der Europäischen Gemeinschaft. Einer Gemeinschaft, die ihre Grenzen schließt und aus Angst vor einer Infektion im Homeoffice sitzt. In einem Gedicht fasst Steffi ihre Erlebnisse in Moria zusammen, verschafft ihren Gefühlen Raum: „Was für ein Luxus ohne Angst nachts auf Toilette zu gehen, Du traust Dich das nicht. Meine fünf Meter sind hell, deine 200 sind vollkommen ohne Licht. Ich fühle mich abends Zuhaus´ absolut sicher, Du bist jemand, der sich lieber noch einmal nach Männern mit Messern umschaut. Wenn ich gehe, schließe ich meine Wohnung ab, Dir wurde gestern Dein Heizkörper geklaut.“ „Durch die entstandenen Freundschaften zu den Campbewohner*innen, freute ich mich jeden Morgen auf die Zeit im Camp, aber ich musste dort auch nicht leben. Ich konnte abends einfach wieder nach Hause fahren.“ Die Geflüchteten, die auf den griechischen Inseln stranden, haben diese Möglichkeit nicht. In der Hoffnung auf ein Asylverfahren verstreichen häufig mehr als 10 Monate, berichtet die Studentin. Moria sollte eine Übergangslösung sein, doch diese Illusion ist schon lange vergangen. Für die Menschen vor Ort geht es nicht voran. Wegen der steigenden Fremdenfeindlichkeit sind viele Hilfsorganisation gezwungen, ihre Arbeit vor Ort zu reduzieren. Seit der Grenzöffnung der Türkei habe sich die Lage verschärft. Die Sicherheit der Mitarbeitenden, die zunehmend Opfer rechtsextremer Gewalt werden, gehe vor, so Steffi. Die Menschen auf Lesbos, Chios und Samos haben Angst. Nicht etwa vor dem unsichtbaren, neuartigen Virus, sondern Angst vor der realen Bedrohung des Krieges in ihrer Heimat. Angst vor Hunger, Angst vor Kälte. In dem eh schon überfüllten Flüchtlingslager herrschen desolate Zustände. Diese werden in Anbetracht des Coronavirus noch verehrender, betrachtet man die unzureichenden hygienischen Bedingungen oder die kaum vorhandene medizinische Versorgung (Kindernothilfe, 2020). Die fehlende Aufklärung oder die Möglichkeit der Isolation im Falle einer Covid-19 Infektion bedeutet in diesem Falle den Tod vieler Menschen. Eine Katastrophe auf engstem Raum. Ohne fließend Wasser, die Möglichkeit Abstand zu halten oder ein Mindestmaß an Hygiene einzuhalten, könnte sich das Virus schnell in den Hilfscamps verbreiten. Die Lage auf den griechischen Inseln hat sich in den letzten Wochen weiter zugespitzt. „Im Januar 2020 verwehrte die griechische Regierung mindestens 140 Kindern mit chronischen, komplexen und lebensbedrohlichen Krankheiten im Lager Moria auf der Insel Lesbos die notwendige medizinische Versorgung“ (Ärzte ohne Grenzen, 2020). Diese Menschen haben Krieg und Verfolgung überlebt und sind auf der Flucht, so wie einst (1939-1945) tausende Mitbürger*innen aus Deutschland. Auch wenn immer noch Hilfsorganisationen im Krisengebiet unterwegs sind, sollten wir alle nicht das Bewusstsein dafür verlieren, dass die Menschen in Moria keine Menschen zweiter Klasse sind, deren Tod nicht so schlimm ist, solange die Tagesschau nicht darüber berichtet. Erfahrt hier, wie ihr helfen könnt. Quellen: *Interview mit Steffi (Name geändert) Ärzte ohne Grenzen (2020). Unsere Hilfe in Griechenland. Aufgerufen am 07.04.2020. Verfügbar unter: https://www.aerzte-ohne-grenzen.de/unsere-arbeit/einsatzlaender/griechenland Kindernothilfe (2020). Gemeinsam gegen Corona – Helfen Sie Flüchtlingen auf Lesbos. Aufgerufen am 07.04.2020. Verfügbar unter: https://www.kindernothilfe.de/weltweit-aktiv/projekte/corona-moria Bild aus Moria https://www.facebook.com/AegeanBoatReport/photos/a.285312485325196/705771946612579/?type=3&theater Text: L. Minge
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19.06.2023
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